Wer 1947 geboren wurde und damit in diesem Jahr seinen 65. Geburtstag feiert, der kann abschlagsfrei in Rente gehen.
Doch von Müßiggang, Alterserscheinungen oder gar dem Wunsch nach Ruhe kann bei der Firma Jung Elektrogerätebau in Wilnsdorf keine Rede sein. Nach wie vor werden an dem Traditionsstandort Steuer-, Drehstrom-, Ringkern- und Sondertransformatoren gefertigt ¬ – und zwar ausschließlich dort. Alle Produkte erfüllen nicht nur strenge gesetzliche und individuelle Vorgaben der Kunden, sondern sind auch dementsprechend ,Made in Germany’. Eine Produktion im Ausland ist schon aus Gründen der selbstgesteckten hohen Qualitätsansprüche so gut wie ausgeschlossen.
Als die Firma gegründet wurde, war nicht einmal an Kunden im Ausland zu denken. Wirft man einen Blick zurück in die Vergangenheit und die Entstehungsgeschichte des Betriebes wird deutlich, dass das Unternehmen trotz schwieriger Umstände schnell erfolgreich wurde. Der Firmengründer und Seniorchef Günther Jung ließ sich von Kriegswidrigkeiten und Zusammenbruch der Wirtschaft nicht abschrecken. Er hatte sich schon nach seiner Ausbildung zum Elektrotechniker zum Ziel gesetzt, dass er sich nach dem Krieg selbstständig machen würde. Mit reparierten alten Radios und ersten selbstgebauten Rundfunkempfängern wurden sodann zwar zuerst nur illegal Lebensmittel getauscht, diese sicherten aber das Überleben nach dem Krieg und machten satt.
Nach der Währungsunion stellte Jung die Fertigung um – von diesem Zeitpunkt an wurden Transformatoren gebaut. Diese fanden ihren Einsatz auch wieder in erster Linie in Radios. Wissenschaftler und Facharbeiter waren damals aus der sowjetischen Besatzungszone geflüchtet und hatten sich mit dem Unternehmen „Bergstein Radios“ in Erndtebrück selbstständig gemacht. Von 45 Mitarbeitern, die an dem Standort täglich rund 30 Geräte bauten, konnte eine in Erndtebrück erscheinende Tageszeitung berichten. Und auch wenn die Produktion der Radios die frühen 1950er Jahre nicht überstehen sollte, für Jung und sein Werk war es die Initialzündung. Der Unternehmer investierte in Wickelmaschinen und stellte Mitarbeiter ein ¬– sechs an der Zahl waren es, als der Firmensitz 1957 nach Wilnsdorf verlagert wurde.
Der Wilnsdorfer Standort wurde Anfang der 70er Jahre noch einmal deutlich erweitert, wobei bis heute ein Schwerpunkt der Investitionen modernste Wickelmaschinen und Prüfeinrichtungen sind.
Heute werden deutschlandweit Hersteller aus dem Maschinen- und Werkzeugbau, Schweißmaschinenhersteller und Schaltschrankbauer von rund 25 Mitarbeitern mit den Qualitätsprodukte „Made in Wilnsdorf“ beliefert. Die Fertigung gliedert sich in zwei Teile, die klassische Transformatoren- und die Ringkern-Fertigung, die es erlauben, bei kleinen Abmessungen eine deutlich höhere Leistung zu erzielen. Steuer- und Drehstromtransformatoren bis 100 kVA werden für ein- bis dreiphasige Maschinen und Geräte aller Art produziert. Nicht zu vergessen sind Drosseln und Netzgeräte, die außerdem zum Produktportfolio gehören. Die Ausführung der Transformatoren erfolgt grundsätzlich in Vakuum voll-imprägnierter Form oder nach Vorgabe in vergossener Version. Auf Kundenwunsch kann der Trafo in verschiedenen Schutzarten ausgeführt werden.
Besonders stolz ist das Unternehmen auf seine UL-Zertifizierung für die Familie der Ringkern-Spartransformatoren in der Bandbreite von 110 VA bis 3100 VA. Getreu der aus der Historie heraus gesteckten hohen Qualitätsforderungen erlaubt diese Zertifizierung die Messung mit den kritischen Maßstäben des amerikanischen- und des Weltmarktes. Was die Fertigung von Ringkernen angeht, ist die Fa. Jung ein gefragter Spezialist, der sich, auch im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit UL, im Laufe der Jahre eine besonders hohe Kompetenz aufgebaut hat.
Der Unternehmensgründer Günther Jung, der mit seinen 88 Jahren bereits seit Jahrzehnten seinen Ruhestand genießen könnte, widmet sich heute dem Studium der Heimat- und Bergbaugeschichte. Als Mäzen des weit über die Gemeindegrenzen hinaus bekannten Heimatmuseums Wilnsdorf ist er dabei unverzichtbar.